Die 5 Kleshas
Kleshas- Die 5 Leid verursachenden Hemmnisse
Dieser Beitrag widmet sich den Kleshas – den „geistigen Trübungen“ oder „Leidensursachen“, die im Yoga und insbesondere im Patanjali-Yoga-Sutra beschrieben werden.
Auf dass dein Geist Klarheit finde....
Die Kleshas sind die fünf grundlegenden Hindernisse, die uns im Rad des Leidens (Samsara) gefangen halten. Sie sind wie Schatten, die unser inneres Licht verdunkeln:
- Avidyā (Unwissenheit) – Die Wurzel allen Leidens. Es ist das Missverstehen der wahren Natur der Dinge, das Verwechseln des Vergänglichen mit dem Ewigen.
- Asmita (Ich-Bewusstsein, Egohaftigkeit) – Das falsche Selbstgefühl, das sich mit Gedanken, Körper oder Status identifiziert und vergisst, dass wir das unendliche Bewusstsein sind.
- Rāga (Begierde, Anhaftung) – Das Festklammern an Vergnügen und angenehme Erfahrungen, die jedoch flüchtig sind.
- Dveṣa (Abneigung, Hass) – Die Ablehnung von Schmerz oder Unangenehmem, was uns in Widerstand und Unruhe hält.
- Abhiniveśa (Furcht vor dem Tod, Lebensdrang) – Das tiefsitzende Festhalten am Leben, selbst wenn wir wissen, dass alles vergänglich ist.
Diese Kleshas sind wie Wellen auf einem See – wenn sie toben,
ist das Wasser unruhig, und wir sehen unser wahres Selbst nicht. Doch durch
Selbsterkenntnis (Svādhyāya), Meditation (Dhyāna) und Hingabe
(Ishvarapranidhāna) können wir die Wellen glätten und das klare Licht unseres
Bewusstseins erblicken.
Avidyā ist die Wurzel aller anderen Kleshas. Lass uns tiefer darauf eingehen...
Was ist Avidyā?
Das Wort Avidyā setzt sich aus
- „A-“ (nicht) und
- „Vidya“ (Wissen, Erkenntnis) zusammen.
Es bedeutet also Nicht-Wissen oder falsches
Wissen. Aber hier geht es nicht um bloßes intellektuelles Nicht-Wissen, sondern
um eine fundamentale Fehlwahrnehmung der Realität.
Avidyā ist der Schleier, der uns davon abhält, die Dinge so
zu sehen, wie sie wirklich sind. Es ist die Täuschung, die uns glauben lässt:
- Das Vergängliche sei dauerhaft
- Das Unreine sei rein
- Das Leidvolle sei glückbringend
- Das Nicht-Selbst sei unser wahres Selbst
Die vier Aspekte der Avidyā (Fehlwahrnehmung)
Die klassischen Yogaschriften beschreiben vier spezifische
Arten, wie Avidyā uns in die Irre führt:
1. Das Vergängliche für dauerhaft halten (Anitya für Nitya
halten)
Alles in dieser Welt ist vergänglich – unsere Körper, unsere Besitztümer, unsere Beziehungen. Doch wir verhalten uns oft so, als wäre alles ewig.
Beispiel: Ein Mensch glaubt, seine Jugend werde immer bleiben. Erst wenn er älter wird, erkennt er, dass Schönheit und Kraft vergänglich sind.
Weisheit: Wirkliches Glück liegt nicht in vergänglichen Dingen, sondern in der Erkenntnis dessen, was jenseits der Veränderung ist – unser wahres Selbst (Ātman).
2. Das Unreine für rein halten (Aśuci für Śuci halten)
Die Welt der Formen ist unbeständig und voller Gegensätze –
Reinheit und Unreinheit, Freude und Schmerz. Doch Avidyā lässt uns oft nach
scheinbarer Reinheit greifen, ohne die Wahrheit dahinter zu sehen.
Beispiel: Ein Mensch ist besessen von körperlicher Schönheit und hält einen perfekten Körper für das höchste Ideal. Doch dieser Körper ist der Veränderung unterworfen, und wahre Reinheit kommt nicht von außen, sondern von innen.
Weisheit: Wahre Reinheit ist nicht äußere Makellosigkeit, sondern innerer Frieden und Wahrhaftigkeit.
3. Das Leidvolle für glückbringend halten (Duḥkha für Sukha
halten)
Oft jagen wir Dingen nach, von denen wir glauben, dass sie
uns glücklich machen, doch langfristig verursachen sie Leid.
Beispiel: Ein Mensch sucht Erfüllung in Ruhm und Reichtum. Er erreicht alles, was er sich wünscht, aber innerlich bleibt er unerfüllt. Das, was er für Glück hielt, war in Wahrheit nur eine weitere Illusion.
Weisheit: Dauerhaftes Glück kommt nicht aus äußeren Dingen, sondern aus innerem Gleichmut und Erkenntnis.
4. Das Nicht-Selbst für das Selbst halten (Anātman für Ātman
halten)
Dies ist die tiefste Form von Avidyā – die Verwechslung
unseres wahren Selbst (Ātman) mit unserem Ego, unseren Gedanken oder unserem
Körper.
Beispiel: Jemand sagt: „Ich bin mein Beruf, mein Name, meine Geschichte“ und leidet, wenn sich diese Dinge verändern. Doch das wahre Selbst ist jenseits all dieser Begrenzungen.
Weisheit: Wenn wir erkennen, dass wir nicht nur unser Körper, unsere Gedanken oder unsere Emotionen sind, dann entsteht wahre innere Freiheit.
Wie können wir Avidyā überwinden?
Avidyā verschwindet nicht einfach von selbst – wir müssen
aktiv daran arbeiten, die Realität klarer zu sehen. Drei Wege helfen dabei:
1.) Viveka (Unterscheidungskraft entwickeln)
Frage dich immer:
- Ist das wirklich dauerhaft?
- Ist es wirklich Glück?
- Ist es mein wahres Selbst?
Praktiziere Selbstbeobachtung (Svādhyāya) und Meditation, um
Klarheit zu gewinnen.
2.) Vairāgya (Loslassen üben)
Erkenne die Vergänglichkeit und übe dich darin, nicht an flüchtigen Dingen festzuhalten.
Wahre Freiheit kommt, wenn du erkennst:
- Ich bin nicht meine Besitztümer,
- nicht mein Ruf,
- nicht meine Gedanken.
3.) Dhyāna (Meditation und Selbst-Erkenntnis)
Meditation hilft, die Schleier der Avidyā zu lichten.
Durch Selbsterforschung (Atma-Vichara) können wir das
erkennen, was jenseits der Täuschung liegt – unser wahres, unsterbliches
Bewusstsein.
Zusammenfassung
Avidyā ist die tiefste Wurzel allen Leidens. Sie lässt uns
das Vergängliche für dauerhaft, das Unreine für rein, das Leidvolle für Glück
und das Nicht-Selbst für unser wahres Selbst halten. Doch durch Weisheit,
Unterscheidungskraft und Meditation können wir die Schleier der Illusion
durchdringen und unser wahres Wesen erkennen.
Nun frage ich dich: Gibt es in deinem Leben
eine Illusion, die du loslassen möchtest?
Was ist Asmita?
Asmita bedeutet wörtlich „Ich-bin-heit“, es ist das Gefühl
eines getrennten Selbst, das sich von der Welt abgrenzt. Es ist die
Identifikation mit einem begrenzten „Ich“, das sich durch Gedanken, Körper oder
Rollen definiert.
In Wahrheit bist du reines Bewusstsein (Purusha, Ātman) – unendlich, formlos, jenseits von Veränderung. Doch Asmita lässt dich glauben:
- „Ich bin dieser Körper.“
- „Ich bin meine Gedanken und Gefühle.“
- „Ich bin mein Name, mein Beruf, mein Status.“
Diese Begrenzung ist die Quelle vieler Leiden, denn sobald
du dich mit etwas Vergänglichem identifizierst, wirst du unweigerlich Angst
haben, es zu verlieren.
Die zwei Formen von Asmita
Es gibt zwei Hauptformen der Egohaftigkeit:
1. Grobes Ego (Ahankara – das äußere Ego)
Das ist das offensichtliche Ego, das sich durch Stolz,
Arroganz oder Selbstbezogenheit ausdrückt.
Beispiel: Ein erfolgreicher Geschäftsmann glaubt, er sei besser als andere, weil er viel Geld verdient. Sein Ego wächst durch Anerkennung, doch sobald er eine Niederlage erlebt, fühlt er sich wertlos.
Weisheit: Dieses Ego ist eine Illusion, denn Status, Geld und Erfolg sind vergänglich. Wahre Größe liegt nicht im Äußeren, sondern in innerer Freiheit.
2. Subtiles Ego (Asmita im Geist – die feine Identifikation)
Diese Form ist schwieriger zu erkennen, weil sie sich nicht
als Arroganz zeigt, sondern als tief verwurzelte Identifikation mit Gedanken
oder Gefühlen.
Beispiel: Jemand glaubt: „Ich bin eine ängstliche Person.“ Er denkt, seine Ängste definieren ihn, anstatt zu erkennen, dass Ängste kommen und gehen, aber sein wahres Selbst unverändert bleibt.
Weisheit: Du bist nicht deine Gedanken. Du bist der Beobachter, der die Gedanken wahrnimmt.
Wie äußert sich Asmita in unserem Alltag?
- Vergleich mit anderen: „Ich bin besser/schlechter als ...“
- Abhängigkeit von Lob oder Kritik: „Mein Wert hängt davon ab, was andere über mich denken.“
- Leiden durch Veränderung: „Ich bin alt geworden, also verliere ich meinen Wert.“
- Festhalten an Identitäten: „Ich bin Lehrer, Sportler, Vater, Mutter ... ohne das bin ich nichts.“
Wie können wir Asmita überwinden?
1. Selbstbeobachtung (Svādhyāya – Erkenne dein wahres
Selbst)
Frage dich: Wer bin ich wirklich? Bin ich dieser Körper?
Diese Gedanken? Oder bin ich das Bewusstsein, das all das beobachtet?
2. Meditation (Dhyāna – Erlebe die Stille hinter dem Ego)
In tiefer Meditation kannst du erleben, dass dein wahres
Selbst über Gedanken und Identitäten hinausgeht.
3. Demut und Hingabe (Ishvarapranidhāna – Das Ego loslassen)
Wenn du erkennst, dass alles Leben miteinander verbunden
ist, löst sich das Gefühl der Trennung auf.
Praktiziere Dienste für andere (Seva) – es hilft, das Ego zu
reduzieren.
Schlussgedanke
Asmita ist wie eine Maske, die wir unser ganzes Leben lang
tragen. Doch wenn wir lernen, sie abzunehmen, erkennen wir: Wir sind nicht
dieses begrenzte Ich – wir sind das unendliche Bewusstsein dahinter.
Nun frage ich dich: Gibt es eine Identität oder
Rolle, mit der du dich stark identifizierst? Und wie fühlt es sich an, sie für
einen Moment loszulassen?
Was ist Rāga?
Rāga bedeutet Begierde, Verlangen oder Anhaftung an
Vergnügen. Es ist der unbewusste Drang, angenehme Erfahrungen festzuhalten und
immer wieder zu wiederholen.
Doch das Problem ist: Alles ist vergänglich. Kein Genuss, kein Erfolg, keine Beziehung bleibt ewig gleich. Wenn wir uns an Vergnügen klammern, erzeugen wir automatisch Leid, weil:
- Das Verlangen nie vollständig gestillt werden kann.
- Jede angenehme Erfahrung irgendwann vergeht.
- Wir Angst haben, das, was uns Freude bereitet, zu verlieren.
Wie entsteht Rāga?
Rāga entsteht durch Samskāras (mentale Eindrücke aus der
Vergangenheit).
- Wenn wir eine angenehme Erfahrung machen, speichert unser Geist sie als „gut“ ab.
- Er sehnt sich danach, diese Erfahrung zu wiederholen.
- Wenn wir sie nicht bekommen, entsteht Unruhe oder Leiden.
Beispiel für Samskāra und Rāga:
Ein Kind isst zum ersten Mal Schokolade und empfindet Freude. Das Gehirn speichert diese Erinnerung.
Später, wenn es traurig oder gestresst ist, verlangt es nach Schokolade, weil es glaubt, dass dies das Glück zurückbringt.
So entsteht eine Gewohnheit – ein Zyklus von Verlangen und
kurzfristiger Befriedigung.
Doch je mehr das Kind diesem Drang nachgibt, desto stärker
wird die Bindung.
Wie äußert sich Rāga im Alltag?
1. Anhaftung an materielle Dinge
„Ich brauche dieses neue Auto / dieses teure Haus, dann
werde ich glücklich.“
Doch sobald wir es haben, wird das Glück wieder alltäglich –
und ein neues Verlangen entsteht.
2. Abhängigkeit von Menschen und Beziehungen
„Ich kann nicht ohne diese Person leben.“
Doch wahre Liebe bedeutet nicht Festhalten, sondern
Freiheit.
3. Sucht nach Sinnesfreuden
Essen, Sex, Alkohol, Unterhaltung – sie geben uns
kurzfristige Freude, aber wenn wir uns daran klammern, entsteht Abhängigkeit.
4. Jagd nach Anerkennung und Erfolg
„Wenn ich diesen Job bekomme, wenn ich berühmt werde, dann
bin ich glücklich.“
Doch Erfolg ist flüchtig – und wir landen in einem endlosen
Streben nach mehr.
Der Kreislauf von Rāga und Duḥkha (Leid)
➡Wir erfahren Genuss.
➡Unser Geist speichert diese Erfahrung als „glückbringend“
ab.
➡Wir wollen die Erfahrung wiederholen.
➡Doch weil alles vergänglich ist, kommt irgendwann
Enttäuschung.
➡Dies führt zu Frustration, Angst oder Gier – und wir suchen
das nächste Vergnügen.
So dreht sich das Rad des Leidens (Samsara) immer weiter.
Wie können wir Rāga überwinden?
1. Viveka – Unterscheidungskraft entwickeln
Frage dich: Bringt mir diese Anhaftung wirklich dauerhaftes
Glück?
Sieh klar, dass jede Freude im Außen nur kurzfristig ist.
2. Vairāgya – Loslassen üben
Wahres Glück kommt von innen, nicht durch äußere Dinge.
Übe Dankbarkeit für den Moment, ohne Anhaftung an das
Morgen.
3. Dhyāna – Meditation als Befreiung
Meditation hilft, die unbewussten Muster des Verlangens zu
durchbrechen.
Wenn du dein wahres Selbst erkennst, verlierst du das
Bedürfnis, Glück im Außen zu suchen.
Schlussgedanke
Rāga ist wie eine Kette, die uns an das Vergängliche bindet.
Wenn wir lernen, Vergnügen zu genießen, ohne daran zu hängen, sind wir wirklich
frei.
Nun frage ich dich: Gibt es in deinem Leben
eine Anhaftung, die dich unbewusst festhält? Und wie würde es sich anfühlen,
sie loszulassen?
Was ist Dveṣa?
Dveṣa bedeutet Abneigung, Ablehnung oder Hass. Es ist das
Gegenteil von Rāga (Begierde) – während Rāga uns an Vergnügen bindet, hält Dveṣa
uns in der Angst vor Schmerz gefangen.
Dveṣa entsteht, wenn:
- Wir eine negative Erfahrung gemacht haben
- Unser Geist diese als „unangenehm“ speichert
- Wir in der Zukunft alles vermeiden wollen, was diese Erinnerung auslösen könnte
Doch das Problem ist:
- Das Leben ist voller Unvorhersehbarkeiten
- Je mehr wir etwas hassen oder vermeiden, desto mehr Macht hat es über uns
- Ablehnung erzeugt inneren Widerstand – und dieser führt zu Leiden
Wie entsteht Dveṣa?
Dveṣa ist die Kehrseite von Rāga.
- Rāga: „Ich will das haben, weil es mir Freude bereitet.“
- Dveṣa: „Ich will das vermeiden, weil es mir Schmerz bereitet.“
Wenn wir einmal schlechte Erfahrungen gemacht haben, entwickeln wir Samskāras (mentale Eindrücke), die dazu führen, dass wir bestimmte Situationen, Menschen oder Emotionen ablehnen.
Beispiel für Samskāra und Dveṣa
Ein Kind wird von einem Hund gebissen. Der Schmerz wird im
Geist gespeichert.
Später, wenn es einen Hund sieht, empfindet es Angst oder Abscheu.
Es vermeidet alle Hunde, auch wenn die meisten harmlos sind.
Die Vergangenheit bestimmt die Gegenwart – und begrenzt das
Leben.
Dveṣa ist also nicht die Situation selbst, sondern die
mentale Erinnerung an den Schmerz, die immer wieder aufgerufen wird.
Wie äußert sich Dveṣa im Alltag?
1. Abneigung gegenüber bestimmten Menschen
„Ich kann diese Person nicht ausstehen.“
Doch oft sind es nicht die Menschen selbst, sondern die
Emotionen, die sie in uns auslösen.
2. Angst vor Schmerz oder Kritik
„Ich will niemals wieder scheitern, also probiere ich es gar
nicht erst.“
Doch jedes Wachstum entsteht durch Herausforderungen.
3. Vermeidung von unangenehmen Gefühlen
Viele Menschen lenken sich ständig ab (z. B. mit Social
Media, Essen, Alkohol), um sich nicht mit unangenehmen Emotionen
auseinanderzusetzen.
4. Hass und Feindseligkeit
Hass ist oft nur tiefe, unverarbeitete Angst.
Wir hassen, weil wir verletzt wurden und uns schützen
wollen.
Der Kreislauf von Dveṣa und Duḥkha (Leid)
➡Wir erfahren Schmerz.
➡Unser Geist speichert die Erfahrung als „negativ“ ab.
➡Wir vermeiden alles, was daran erinnert.
➡Doch das Leben bringt unweigerlich neue Herausforderungen.
➡Der Widerstand gegen den Schmerz verstärkt das Leiden.
Wie können wir Dveṣa überwinden?
1. Akzeptanz – Erkenne, dass Schmerz Teil des Lebens ist
Leid entsteht nicht durch Schmerz, sondern durch unseren
Widerstand dagegen.
Was wäre, wenn du einfach erlaubst, dass Dinge so sind, wie
sie sind?
2. Selbstbeobachtung – Frage dich: Was lehne ich wirklich
ab?
Wenn du jemanden nicht magst, frage dich: Welche Emotion in
mir wird durch diese Person ausgelöst?
Oft zeigt uns das, wo wir selbst noch Heilung brauchen.
3. Mitgefühl – Verstehe, dass auch andere leiden
Menschen, die uns verletzen, handeln oft aus ihrem eigenen
Leid heraus.
Wenn wir dies erkennen, wird Dveṣa schwächer und Mitgefühl
kann entstehen.
4. Meditation – Lerne, deine Emotionen zu beobachten
Wenn du in Meditation einfach beobachtest, ohne zu
reagieren, lösen sich negative Emotionen nach und nach auf.
Schlussgedanke
Dveṣa ist wie ein Schatten in unserem Geist – je mehr wir
ihn bekämpfen, desto größer wird er. Doch wenn wir lernen, ihn mit Bewusstsein
zu durchleuchten, verliert er seine Macht.
Nun frage ich dich: Gibt es etwas oder jemanden in deinem Leben, dem du mit weniger Widerstand begegnen möchtest?
Was ist Abhiniveśa?
Abhiniveśa ist die Angst vor dem Tod und der instinktive
Lebensdrang. Es ist die tief verwurzelte Furcht vor dem Unbekannten, vor dem
Verlust des Körpers, der Identität und der Existenz.
Patañjali beschreibt in den Yoga-Sūtras (2.9):
"Selbst der Weise ist nicht frei von Abhiniveśa."
Das bedeutet, dass diese Angst universell ist – sie steckt
in jedem Menschen, egal ob er klug, stark oder spirituell fortgeschritten ist.
Doch die wahre Ursache von Abhiniveśa ist nicht der Tod selbst, sondern die Unwissenheit (Avidyā):
- Wir identifizieren uns mit unserem Körper und unserem Ego.
- Wir glauben, dass wir sterben, wenn der Körper vergeht.
- In Wahrheit aber sind wir reines Bewusstsein, das ewig ist.
Wie zeigt sich Abhiniveśa?
1. Angst vor dem körperlichen Tod
Die tiefste Form von Abhiniveśa ist die Panik vor dem
Sterben.
Manche Menschen verdrängen diesen Gedanken komplett, andere
sind besessen von der Idee, ewig jung zu bleiben.
2. Angst vor Veränderung
Der Tod ist die größte Veränderung – doch unser Ego fürchtet
auch kleinere „Tode“:
- Verlust von Beruf, Status oder Beziehungen.
- Übergänge im Leben (z. B. Altern, Ruhestand, Kinder verlassen das Haus).
- Veränderung der eigenen Identität.
3. Anhaftung an das Leben und seinen Komfort
Abhiniveśa zeigt sich als starke Bindung an das Leben und
alles, was es angenehm macht:
- Der Wunsch, immer gesund zu bleiben
- Angst vor Ungewissheit oder Instabilität
- Vermeidung von Risiken, um das eigene „Überleben“ zu sichern
4. Angst vor dem Loslassen des Egos
Selbst im spirituellen Weg kann Abhiniveśa auftreten:
- Die Angst, das „Ich“ zu verlieren
- Der Widerstand gegen die Auflösung des Egos in tiefer Meditation
Der Kreislauf von Abhiniveśa und Duḥkha (Leid)
➡Wir identifizieren uns mit unserem Körper und unserem Ego.
➡Dadurch entsteht die Angst vor Verlust und Tod.
➡Wir klammern uns an das Leben, vermeiden Risiken und
verdrängen die Wahrheit.
➡Doch das Leben ist voller Veränderungen – und der Tod ist
unausweichlich.
➡Der Widerstand gegen diese Realität verstärkt das Leiden.
Wie können wir Abhiniveśa überwinden?
1. Viveka – Erkenne, dass du nicht der Körper bist
Wenn du verstehst, dass dein wahres Selbst unsterblich ist,
verliert der Tod seinen Schrecken.
Übe, dich nicht mit deinem Körper oder deiner Geschichte zu
identifizieren.
2. Akzeptiere den Tod als natürlichen Teil des Lebens
Der Tod ist kein Feind, sondern eine Transformation.
Jede Nacht, wenn du schläfst, „stirbt“ deine bewusste
Identität – doch du fürchtest den Schlaf nicht.
3. Leben im gegenwärtigen Moment
Angst vor dem Tod entsteht durch Gedanken über die Zukunft.
Wenn du ganz im Jetzt bist, gibt es keine Angst.
4. Meditation über den Tod (Mṛtyu Dhyāna)
Viele spirituelle Traditionen empfehlen die bewusste
Reflexion über den Tod.
Wenn du deine Vergänglichkeit wirklich verstehst, wirst du
das Leben intensiver genießen – ohne Anhaftung.
Schlussgedanke
Abhiniveśa ist eine Illusion, die aus der Angst des Egos
entsteht. Doch du bist nicht das Ego – du bist das unendliche Bewusstsein, das
jenseits von Geburt und Tod existiert.
Nun frage ich dich: Wie würde dein Leben
aussehen, wenn du die Angst vor dem Tod vollständig loslassen könntest?
Fazit
Die Kleśas sind nicht unsere Feinde – sie sind Lehrer, die uns helfen, Bewusstsein zu entwickeln. Wenn wir sie erkennen und durchschauen, lösen sie sich auf, und innerer Frieden wird möglich.
Wahre Freiheit entsteht, wenn wir nicht mehr von Vergnügen oder Schmerz kontrolliert werden – sondern unser inneres Selbst erkennen.
Wie wir die Kleśas überwinden können
Viveka (Unterscheidungskraft):
Erkenne, dass wahres Glück nicht im Vergänglichen liegt.
Vairāgya (Loslassen): Genieße das
Leben, aber klammere dich nicht daran.
Dhyāna (Meditation): Beobachte
deine Gedanken und löse dich von negativen Mustern.
Mitgefühl und Selbstreflexion:
Erkenne deine inneren Blockaden und arbeite an ihnen.
Nun frage ich dich: Welcher Klesha beeinflusst dich am meisten – und was wäre der erste Schritt, um dich davon zu befreien?
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